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Mutterleidb

Kadi Kaivo, Anna Shneivas, Jana Villaluz

Sa., 28.06. 12:00 - 18:00 Uhr So., 29.06. 12:00 - 18:00 Uhr
Die Frau ist durch ihr Fleisch unterworfen; durch eine ganze Mythologie der Mutterschaft, die ihr vom Staat, der Kirche und der Gesellschaft auferlegt wird. Neu formierte faschistische Bewegungen erheben die Frau zur ‘heiligen Mutter’ - doch diese Heiligkeit bedeutet nichts als eine weitere Form von Knechtschaft: Die Mutter wird nicht als Individuum anerkannt, sondern als Gefäß der Zukunft der Nation. In dieser Vergöttlichung liegt ihre Entmenschlichung.

Mutterleidb blickt auf den Mutterleib als Ursprung und Gefängnis, als Zuflucht und Reinheitsutopie, als Wiege einer Welt, die zwischen Sehnsucht nach Geborgenheit und Angst vor dem Äußeren wankt. Mutterleidb hinterfragt die Mechanismen von Zugehörigkeitshygiene, die Dialektik von Integration und Ausschluss, die Verführungskraft der Festung und der Verzweiflung des Außenseiters. Und sie stellt die unbequeme Frage: Was, wenn die Geburt, der Schrei nach Freiheit längst zur reaktanten Losung neuer Autoritäten geworden ist?

Und was, wenn der Körper, der Leben schenkt, selbst als untragbar gilt? Die schwangere Gestalt – ein Wunder aus Zellteilung und Metamorphose – wird bestaunt wie ein Kunstwerk – berührt, gedeutet, vereinnahmt. In ihr verdichtet sich eine Ästhetik der Fülle, der Überschreitung, der radikalen Schöpfungskraft. Und doch wird die Mutter in der modernen Leistungsgesellschaft zum Störfaktor: zu schwer, zu verletzlich, zu fordernd. Mutterschaft gilt als Sakrament, solange es sich in den Rahmen des Repräsentablen fügt – jenseits davon wird es zur Zumutung. Zwischen Kult und Ausschluss, zwischen göttlicher Erhebung und arbeitsmarktlicher Unsichtbarkeit oszilliert die Wahrnehmung der Mutter.

Mutterleidb stellt diese Spannungen in den Mittelpunkt. Der Mutterleib als Hort der Sicherheit, aber auch als faschistoides Paradies. Die Gesellschaft als zensierte Festung, aber auch als Ort, an dem man unaufhörlich um Zugehörigkeit, um Zärtlichkeit kämpfen muss.

Kurz-Bio

Kadi Kaivo, Anna Shneivas, Jana Villaluz

Kadi Kaivo ist eine multidisziplinäre Künstlerin, die mit Ölmalerei und gemischten Medien arbeitet. Sie lässt sich von menschlichen Eigenschaften inspirieren und erforscht die tieferen und dunkleren Schichten des Unterbewusstseins.

Anna Shneivas ist eine in der Mongolei geborene autodidaktische Künstlerin. Ihr Werk erforscht das Thema der Mutterschaft durch intime, emotional mitschwingende Momente.

Jana Villaluz Kunstwerke erforschen die reiche Komplexität der Mutter-Tochter-Beziehung; wie sie uns nährt, wie sie uns zerbricht, und ob sie mit etwas Mut wieder aufgebaut werden kann.

Ort

Karl-Marx-Str. 107
12043 Berlin
Deutschland

Galerie Neukölln
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